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Donnerstag, 6. Juni 2013

Ein Stück Reality-TV auf der Bühne: VERSCHWUNDEN in Kaiserslautern (Besprechung)

Hannelore Bähr (Stiefmutter), Dominique Bals (Vater), Markus Penne (Hans)
Foto von Marco Piecuch
Das Theaterstück "Verschwunden" von Charles Way in der Werkstattbühne des Pfalztheaters Kaiserslautern zeigt einen spannenden Ausschnitt aus einer besonderen Phase einer gescheiterten Arbeiterfamilie. Sie wird durch geringe Einkünfte vom Sozialamt, Alkoholismus des Vaters (überzeugend Dominique Bals) und Durchtriebenheit seiner zweiten Frau (Egoismus und Vergnügungssucht schön transportiert von Hannelore Bähr) zeitweilig zu Organistoren, Vertuschern und Bekämpfern einer Entführung der eigenen Tochter. Nur die starke Geschwisterliebe der Kinder, Hans (flink, pubertär und schon früh ein sprayender Outlaw durch Marcus Penne), 15, und Grete (eindringlich gespielt das Hyperaktive und Eingesperrtsein von Elif Esmen), 9 Jahre, verhindert ein schlimmes Ende, denn der große Bruder, Beschützer und Verteidiger seiner Schwester, ist hellwach, passt auf und rettet sie vor dem Tod in der Gefangenschaft. Die Stiefmutter und Drahtzieherin landet in der Psychiatrie. Das Stück unter der Regie von Katharina Ramser verarbeitet einen realen Vorfall aus dem Jahr 2008.
Dominique Bals (Vater), Markus Penne (Hans) 
Foto von Marco Piecuch
Elif Esmen (Grete) 
Foto von Marco Piecuch

Mit atmosphärischer Dichte werden Parallelhandlungen und Informationen über die Figuren nebeneinander gestellt und gleichzeitig ein Kriminalfall für die Bühne entwickelt. Mit der Unbekümmertheit von Alkoholikern konstruieren die Eltern ein extrem abgebrühtes Gaunerstück, bei dem die Gesundheit der Tochter keine Rolle spielt. Nur noch Eurozeichen vor dem beschwipsten Auge kreisen lassend tragen sich unfassbare Dinge in ihren Köpfen zu. Es dreht sich wie so oft um Ansprüche an das Leben, Urlaubswünsche, Reichseinwollen, Statussymbole, vermehrten Genuss. All das, was in einer Hartz-IV-Familie nur noch bruchstückhaft oder gar nicht mehr geht. Das gute Herz der Mitmenschen ausnutzend, bewusst damit spekulierend, sammelt die Frau die Spendengelder und ärgert sich schon über den Tag, an dem die Spendenwelle verebbt.  Als der Vater am Ende wach wird und erfährt, welche Behandlung seiner Tochter zuteil wurde, dass sie einsam eingesperrt, nur mit Bonbons gefüttert vegetieren musste (Charles Way lässt sie die Anwesenheit einer zweiten Person fantasieren, das Leben von Hänsel und Gretel aus dem Grimmschen Märchen spielen, an die Befreiung durch Hänsel glaubend), schlägt er voller Wut seine Frau mit der Flasche nieder.

Hans ist schlecht in der Schule, manchmal verhaltensauffällig, hat Stress mit den "Bullen" wegen seiner Sprayerei. Er liebt seine Schwester. Grete, wild und auffällig, hat auch schon mal die Vorhänge in der Schule runtergerissen. Zu Hause versucht sie die Aufmerksamkeit des Vaters um jeden Preis auf sich ziehen. Ihr hyperaktiv erscheinendes Verhalten bringt den Vater aus der Fassung. Hans akzeptiert seinen Vater nicht mehr, er versteht nicht, warum dieser trotz Arbeitsfähigkeit nichts mehr machen will. Der Grund: Der Vater hat die Kontrolle über sein Leben verloren, vertrinkt viel Geld, nimmt keine unterbezahlte Arbeit mehr an, früher war er wie Opa und sein Vater in der Zeche, dann Fernfahrer, der am Steuer soff, und ist obendrein krebskrank. Die Stiefmutter empfindet auf dem Weg zum Genuss die Kinder als Klötze am Bein. Sie will leben, etwas vom Leben haben, endlich über Geld verfügen, und wie es am Ende aus der Psychiatrie von ihr zu hören gibt: "Jeder hat ein Recht auf Zukunft!" 

Dass Hans seine Schwester Grete am Ende geschickt den Fängen des Entführers entlockt - er bekam mit, dass seine Mutter mit ihm telefonierte, klaut das Handy und bietet ihm das von der engagierten Öffentlichkeit gespendete Geld gegen Freigabe der Schwester an -, erfüllt dann auch Gretes Fantasie von Hänsel und Gretel und deren Freikommen. Hans informiert die Polizei, deren Eintreffen den Entführer in die Flucht schlägt, ohne das Geld zu bekommen, das Hans versteckt hält. Am Ende feiern die Geschwister die Befreiung allein im Wald. Unklar bleibt, ob sie das Geld nur überglücklich unkontrolliert durch die Luft werfen oder es tatsächlich vernichten, weil es für sie keinen Sinn macht, es zu besitzen - ein Satz dazu bleibt hängen: "Flammen beleuchten unsere Gesichter ..."

Montag, 13. Februar 2012

Für Sie besucht: Ein Pole legal in Deutschland von Marek Fis



Mit scharfer Zunge und bissigem Humor präsentierte sich uns ein fröhlicher Marek Fis auf der Bühne der Stummschen Reithalle in Neunkirchen/Saar als polnischer Heimlich-Immigrant, der schon länger in Deutschland weilt als unsere Kanzlerin, nämlich 25 Jahre, 20 davon illegal ... Dennoch, auch Marek wurde mal anständig und hat nun eben seit fünf Jahren ein legalisiertes Verhältnis mit Deutschland. Gespalten zwar, aber dennoch immer wieder lachend stolz, zu unseren Unsinnigkeiten in den Gewohnheiten ein distanziertes Verhältnis zu haben und zu unseren beliebten Comedystars zu zählen ... Er kennt keine Grenzen und teilt rundherum aus.

 Geboren am 15. Februar 1984 in Słupsk, Ostpolen, als Sohn eines Holzfällers mit bürgerlichem Namen Wojciech Oleszczak, ist Marek Fis der im deutschsprachigen Raum bekannteste und tiefenwirkungintensivste polnische Comedian. Seine Karriere begann erst vor sechs Jahren, wo er beim "Quatsch Comedy Club" den zweiten Platz belegte. Danach hatte er TV-Auftritte im rbb Fernsehen und bei TV total, "Nightwash", der "Oliver Pocher Show", "Cindy & Die Jungen Wilden" (RTL), "WDR Fun(k)haus", "Müller and Friends" im SWR, und bei der RTL2- Comedysendung "Fun Club–Comedystars". Hinzu kommen Bühnen-Tourneen.

 Er begrüßt nicht nur seine Gäste freundlich und vor den Kopf stoßend, sondern auch die Presse von "Playboy" oder "Apothekenrundschau", als welche ich mich bei seiner Frage spaßeshalber zu erkennen gab. Ich hatte bei seinem Spontanbesuch von der Bühne runter und Schnellinterview nur keine Chance hinzuzufügen, dass ich wegen einer Studie zu "Langzeiterektionen aufgrund der Einnahme von polnischem Schwarzviagra" unterwegs sei. Als solches Opfer präsentierte er sich wieder einmal in der ersten Halbzeit der Veranstaltung. Die schicken Jogginghosen unseres polnischem Indoorphallokraten und Couchpotatoes waren auffällig stark für 45 Minuten ausgebeult. Diese "Krakauer Fleischpeitsche" zeuge deutlich von seinem afrikanischen Migrationshintergrund und sei ein Objekt in 3D live! Am Ende der ersten Hälfte auch noch ein kleiner absurder Tanz mit und Vergewaltigungsübergriff bei einem Gast aus Riegelsberg, den er aus ganz bestimmten Gründen ins schwarze Off zog ... In der zweiten Hälfte ging es ihm deutlich besser. Ganz freundlich drohte er übrigens hinsichtlich eventueller Pressekritik mit seine "guten Beziehungen zu Stalingrad", außerdem fuhr er schon mal barsch Störern, Lachern oder Handyklinglern übers Maul. 

Marek freute sich sehr, "hier sein zum müssen", obwohl es sich in Polen als größtem Umschlagsplatz von Volksdrogen aufgrund der Volksmusik und Lebenseinstellung es einfach besser zwischen Vodka und anderen Spirituosen lebe. Er liebt die Musik, singt gut verkehrt - nur die Arbeit in Polen eben. Wir erhielten auch Kostproben seiner Gesangskunst, vor allem das reizvolle Album "Dirty Danzig" zeugte vom polnischen Weg in Deutschland ... "Dieser Weg wird kein leichter sein, (...), aber ich schaff den Weg durchs Fenster, ist er auch schwer, und deine Bude räum ich schön leer..." So hat er seine Karriere als Spargelstecher mit Nebenerwerb begonnen, später war er ein ganz anderer "Stecher". Sein Leben als Ostblock-Latino, zu dick, Loser, sein Vater würde sich sprachlos abwenden, begann als Peter Müller, mit einem perfekt gefälschten Pass und falscher Identität. Polnische Wertarbeit! Seine Tradition ist der extreme Suff, nicht umsonst sei er bei seiner vierten Lebertransplantation, die aktuelle Ausgabe gar schon schwer vorgebraucht von Harald Junke ...Das Eintrittsgeld sei die Anzahlung für die fünfte Transplantation ... Er beschränke sich bei seinem Programm, wie er selbst sagte, auf sein gutes Aussehen, Sex-Appeal und Hochdeutsch, das er an diesem Abend einfach weggelassen hätte.

Er ist humorvoller Spötter, bissiger Hinterfrager und provokativer Entertainer, verpasst mal den Politikern eins, Merkel, bei der man besser nicht überprüft, ob sie eine Frau ist, Schäubles Schmiergeldaffäre, ein schwuler Außenminister, ein zurückgetretener Abschreiber - mit einem Satz: eine Chaostruppe als Regierung in Aktion, während Polen ja die gesamte Mannschaft hätte abstürzen lassen. Er lässt auch sich nicht aus: Im Urlaub verwechsle man ihn des Öfteren mit einer Wasserleiche und einem geschlagenen Robbenbaby. Unser geliebtes Pirmasens mit seinen ehemaligen Schlappefliggern kommt auch böse weg, übertreffen die Bewohner doch die "Missgeburten" bei RTLs Doofsendung "Mitten im Leben"!! "Bauer sucht Frau" wird ebenso als Katastrophe erkannt, die neue Sendung "Bachellor" wird zu "Bitchellor", ebenso eine Puffsendung wie "Dschungelcamp". Bei einem solchen Publikum hat auch die polnische Geschäftstüchtigkeit volle Chancen. Sie verkaufen Hosen, die angeblich 80 € kosteten, für 40 und haben den Käufer doch um 38 € beschissen. Was sei auch in einem Land zu erwarten, dessen Hooligans besser als die Fußballer seien und wo alle auf Horoskope stehen, die so doof seien wie ihre Leser? Eine sehr gute, unterhaltsam-derbe und amüsante Programmbestückung der Neunkirchener Kulturgesellschaft, die an zwei Abenden die Halle füllte.

Mittwoch, 14. September 2011

Hörbuch: Charles Bukowski - Der Mann mit der Ledertasche

Charles Bukowski
Der Mann mit der Ledertasche

Aus dem Englischen von Hans Hermann, gelesen von Matthias Brandt
München 2011, 4 CDs, 297 Minuten,
Kunstmann Verlag, 19,90 Euro



Henry Charles Bukowski jr. (* 16. August 1920 in Andernach als Heinrich Karl Bukowski; † 9. März 1994 in Los Angeles) war ein US-amerikanischer Dichter und Schriftsteller polnisch-deutscher Abstammung. Er veröffentlichte zwischen 1960 und den frühen 1990er-Jahren über vierzig Bücher mit Gedichten und Prosa.


Bukowski war ein Idol, nicht nur wegen seiner Halbwelt- und Trinkerfiguren im Underground und in der Szene, sondern wurde auch von anderen als Mythos und Kultfigur gesehen. Seine schnoddrige, supercoole Trinkerschnauze faszinierte viele, besonders in den 60er- und 70er-Jahren. Der Kunstmann Verlag hat ein Hörbuch zum "Mann mit der Ledertasche" herausgebracht, das diesen Kultautor wieder lebendig werden lässt.

Aus der turbulenten Ehe der Deutschen Katharina Fett mit Henry Bukowski, dem GI, später Milchmann, entsprang unser Schriftsteller, der als Jugendlicher von entsetzlicher Akne geplagt die Schule ein Jahr nicht besuchen konnte. Er tingelte und jobbte durch die Gegend, absolvierte unzählige Saufgelage und landet auch mal im Gefängnis und in der Psychiatrie. Die Army wollte ihn keinesfalls, dafür heuerte er 1952 bei der Post an.

Und hier können wir an den Mann mit der Ledertasche - Henry Chinaski - andocken, der ebenfalls als Postbediensteter arbeitet und Frauen kennen lernt, die viel mehr als die Post von ihm wollen. 

"Herrgott, als Briefträger braucht man nichts anderes zu tun als seine Briefe abzuliefern und mit der Hausfrau ins Bett zu steigen. Genau der richtige Job für mich. Oh ja, ja, ja.“
Dann lernt er Joyce kennen, er will sie mehr als seine Arbeit. Sie haben ordentlich Sex, dass die Geranien vom Regal herunterkullern, und der Postler kann sich endlich seinen Objekten der Begierde widmen, den großen Brüsten und großen Hintern. 
"Die ganze Zeit während wir bumsten, fielen dauernd diese Töpfe auf mich herunter. Es war als vögele man während eines Luftangriffs. Später sagte ich: Hör mal Baby, wir müssen irgendwas mit diesen Geranien tun.
Nein, du rührst sie nicht an. - Warum, Baby, warum? - Weil sie das Vergnügen noch steigern."

Was will man mehr als Mann? Noch mehr Sex! Er nimmt den ollen Job wegen Geldsorgen wieder an und verliert allerdings wegen der Strapazen an Manneskraft, was Joyce veranlasst sich zu trennen. Es folgt Mary Lou, die nur auf sein Geld aus ist, dann noch Wee, Betty und Faye. Eine Tochter kommt auf die Welt, aber kein Bestand, nur endloses Suchen nach mehr und mehr. Nach 12 Jahren Post und Angriffen seitens des Arbeitgebers ist er fertig mit der Welt, er trinkt bereits enorm und kündigt. Seine Frauen und seine Tochter - alles bereits hinter sich. Suizidgedanken und ein -versuch gibt er zugunsten des Schreibens auf.

"Am nächsten Morgen war die Nacht vorbei und ich war noch am Leben. Vielleicht schreibe ich einen Roman, dachte ich. Und dann schrieb ich ihn."

Gelesen werden die Erlebnisse in sehr treffendem Ton und die passende Bukowski-Atmosphäre verbreitend von Matthias Brandt, Schauspieler, der den Adolf-Grimme-Preis erhielt und den deutschen Hörbuchpreis 2010.