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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Dichterhain, Bände 5 bis 8

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Donnerstag, 29. Mai 2014

Literatur aus der Pfalz: Der Fußballmörder - Monolog von Manfred Dechert


Nein, Herr Pfarrer, ich empfinde keine Reue. Wissen Sie, wie sich ein Torwart nach
einem 5:0-Rückstand fühlt? Wissen Sie, wie mich meine Mannschaftskollegen
beschimpft haben, obwohl ja auch die Verteidiger Mitschuld hatten?
Hören Sie auf, mit Ihrer Hölle, ich lebe schon darin, seit mich mein Vater gezwungen hat, Fußball zu spielen, im Grunde genommen hasse ich diesen Sport. Man tritt
aufeinander ein, die Spieler wälzen sich am Boden, die Irren am Rand, die sich
Fußballfans nennen, plärren und feuern an, schreien besoffen auf das Spielfeld,
das soll ein Spiel sein, hören Sie auf, das ist Krieg, da passt einer wie ich
mit seinem Revolver gut rein.
Doch Herr Pfarrer, nachdem ich den Stürmer erschossen hatte, um das 6:0 zu
verhindern, schrieb die Bildzeitung: KIELMANN DER FUSSBALLTEUFEL, Toni, Du
Fußballgott wirst Du in Deutschland genannt, wenn Du Weltmeister wirst, und wenn
Du ein 6:0 verhinderst, mit der Waffe in der Hand, wie es sich bei einem Fußballkrieg
gehört, da wirst Du als Fußballmörder betitelt.

Die Torhüter sollten mir dankbar sein – nachdem ich den Stürmer niedergeschossen
hatte, ich den Angreifer niedergestreckt hatte, und ich in den Zeitungen als Fußballmörder groß raus kam, fielen auf deutschen Fußballplätzen viel weniger Tore.
Die Stürmer hatten Angst, der Torhüter könnte bewaffnet sein, und ließen den
Strafraum in Ruhe!
Natürlich wurden die Spiele langweiliger, da viel weniger Strafraumszenen und Tore
fielen, und die Irren am Rand, die sich Fußballfans nennen, schickten mir massenhaft
Drohbriefe ins Gefängnis, Kielmann, Du hast nicht nur einen Stürmer, sondern
den Fußball ermordet!

Ja, Herr Pfarrer, manchmal tuts mir leid, um den jungen Stürmer – er hatte schon
drei Tore gegen mich erzielt, er setzte zum vierten an – doch ich war schneller!
Er konnte es nicht fassen, ein Tormann schießt auf ihn, er wankte auf mich zu, er
starb in meinen Armen. Du bist für die Torhüter gestorben, junger Freund, flüsterte
ich ihm zu, bevor mich aufgebrachte Spieler zu Boden warfen.
Doch Herr Pfarrer, es kommen auch Dankesbriefe von Torhütern ins Gefängnis,
durch mich haben sie nicht mehr so viel Angst im Strafraum.

Und wenn Gott gegen mich antritt, Herr Pfarrer, Ihr strafender, gerechter Gott,
er vorm jüngsten Gericht gegen mich zum Elfmeterschießen antritt?

Dann…ja dann….dann…. dann gehe ich ganz einfach vom Platz, Herr Pfarrer,
diese Spiele mache ich nicht mehr mit.

(c) Manfred Dechert

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