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Donnerstag, 26. April 2012

Kindheit am Niederrhein von Imke Schüring: Beste Freundinnen



Wenn ich heute an meine Kindheit zurückdenke, habe ich manchmal einen seltsamen Flashback ... dann kommt es mir so vor, als wäre alles rosarot gewesen, muckelig und irgendwie .... perfekt ....

Man mag es kaum glauben, aber es ist tatsächlich wahr ... Als ich noch so klein war, wie auf dem Foto unten, da war ich ganz entsätzlich schüchtern! Wirklich - ich habe den Mund nicht aufgekriegt, wenn mich jemand ansprach. Ich rannte sofort  davon und blieb stundenlang versteckt. 
Das ging so weit, dass meine Mutter sich schon ernsthaft Sorgen um mich machte, dass mit mir eventuell etwas nicht stimmen könne.

"Ein Kind braucht doch Spielkameraden, warum gehst du nicht mal rüber zu Christina und spielst mit ihr?"

Damals mochte ich Christina nicht besonders. Sie sprach immer so laut und war rotzfrech und auch nicht selten gemein. Ein sehr selbstbewusstes Kind, ganz im Gegensatz zu mir. Während ich lieber mit meinen Puppen spielte, kletterte sie auf Bäume und spuckte mit den Jungs auf der Straße um die Wette. Nein, sie war keine Spielkameradin nach meinem Geschmack.
Und überhaupt, was ging es meine Mutter an, dass ich keine Freunde hatte. Ich kam doch prima alleine zurecht - ehrlich, dieses ständige Gesorge meiner Mutter ging mir als Kind schon gehörig auf den Keks, ich hatte halt schon immer einen Dickkopf. 

Doch mein kleines Kinderleben änderte sich schlagartig, als eines Tages das Mädchen mit den braunen Zöpfen an der Ecke stand und mich freundlich anlächelte. Ich wollte schon mein Fahrrad wenden und die Flucht ergreifen, aber das Teil war so unhandlich und so kam ich nicht schnell genug weg - und schwups, hatte sie sich schon vorgestellt.

"Ich bin die Nicole, und wie heißt du?"

Ich kämpfte gegen den Kloß in meinem Hals und die aufsteigenden Tränen, war peinlich berührt und ärgerte mich über mich selbst. Doch obwohl ich nur hilflos vor mich hin stammelte, machte sich Nicole nicht über mich lustig, sondern blieb ganz cool und so löste sich der Knoten in meinem Hals.

"Ich hab' auch ein Fahrrad, warte, ich hole es eben, und dann fahren wir um die Wette, hast du Lust?", sagte Nicole und rannte schon los. "Warte, ich bin sofort zurück!"

Etwas überrumpelt stand ich da und überlegte, was ich jetzt tun sollte. Ich hatte Angst, sie würde nicht zurückkommen, dann hätte ich dagestanden mit meinem Fahrrad und wäre mir sehr dumm vorgekommen. Aber sie war auch so nett gewesen, diese Nicole. 

Ich war in einer Zwickmühle und kalter Schweiß rann aus allen meinen Poren. Das Warten auf Nicole erschien mir ewig. Aber ich habe gewartet, fünf Minuten, zehn Minuten... Ich weiß nicht mehr genau, wie lang. Und schließlich kam Nicole zurück ... Ohne Fahrrad zwar, aber sie kam zurück.

"Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat! Ich habe eine Woche Fahrradverbot, weil ich was angestellt habe, aber du darfst zu mir nach Hause kommen, und dann können wir dort was spielen. Komm, wir fragen deine Eltern, ob du darfst!"

Eltern! Ich fühlte mich nun verpflichtet, ihr zu sagen, dass ich nur noch eine Mutter hatte und dass mein Vater tot sei. Nicole guckte etwas verdutzt ob meiner übertriebenen Offenheit, aber dann sagte sie ganz pragmatisch: "Na gut, dann fragen wir eben deine Mutter!"

Und so machten wir es, und ich habe nie bereuen müssen, auf Nicole gewartet zu haben. Über viele Jahre war sie meine allerbeste Freundin, und wir haben uns so viele schöne Spiele ausgedacht, an die ich auch heute noch gern zurückdenke ....


© Imke Schüring, Wesel

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