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Dichterhain, Bände 1 bis 4

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Montag, 20. Dezember 2010

Buchbesprechung: Mobbing, ein Roman

Annette Pehnt
Mobbing
München 2008, 166 S., 
Taschenbuch, 7.95€, Piper

Was rauskommt, wenn man Menschen und ihre Eigenliebe "misshandelt", hat Annette Pehnt in einem lückenlosen, fast atemlosen Erfassen der Situation überzeugend festgehalten. Fast banal wirkend spult sich ein Geschehen ab, das eine Eigendynamik entfesselt, alles verändert, bedrohlich wird und im Endeffekt nur durch ein gewissermaßen devotes Verhalten hätte vermieden werden können.
Ein fast alltägliches Schicksal in unserer heutigen Angestellten-Beschäftigungskultur: Wechsel in der Führung, kollidierende Anschauungen, Verweigerung des geübten Stelleninhabers sich erniedrigen zu lassen, weil die neue Führungskraft Behauptungs- und Verdrängungsversuche unternimmt. Sie "evaluiert" schön, wie man das in der Personalführung nennt, es gibt beachtliche Verschiebungen in der allseits gern zitierten Chemie und schon ist er futsch, der langjährige Arbeitsplatz, das Wohlfühlen, die Kreativität, die Lust an der Arbeit.
Joachim, Familienvater, gerade im Begriff wieder Vater zu werden, bekommt eine neue Chefin, die ihn schikaniert. Seit 11 Jahren in einer öffentlichen Verwaltung für Städtepartnerschaften und Jugendaustausch tätig, verliert er bereits zwei Jahre zurückliegend seine Arbeitsbereiche. Er fühlt sich degradiert, darf keine Konzepte mehr schreiben, Projekte betreuen, Dienstreisen unternehmen, er muss stattdessen Datenbänke anlegen.
Wen wundert's, wenn er keine Lust mehr hat, Motivation am Boden, sein Zuspätkommen als Angriffsfläche für die Chefin. Es geht seinen Gang, die Kommunikation wird emotional, er blockiert, verweigert und wird fristlos gekündigt.
Der Schlag in die individuelle Lebensplanung, XY fremd hat ihm ein Bein gestellt. Klassisches Mobbing, wie es überall vorkommt, kein Bereich ist sicher. Mobber in der Grundeinstellung und Handlungsweise gibt es überall und sie werden bevorzugt in Führungspositionen gehievt. Als Lakaien der Personalplanung und des Marketings.
Das Familienleben wird empfindlich gestört. Die Unruhe, das Unwohlsein am Arbeitsplatz überträgt sich ins Private. Der Betroffene versucht zu ergründen, zu hinterfragen, Schutz und Hilfe zu bekommen, aber auch die Kollegen sind gefährdet, keiner wagt sich nach vorne, nur Markus, der ebenfalls fristlos gekündigt wurde. Die psychische Bewältigung verändert die Betroffenen. Sie werden anders wahrgenommen, sind anders als vorher. Die Finanzlage wird prekär, der Rechtsanwalt kostet eine Menge Geld - Recht kostet eben eine Menge Geld, damit es nicht überhand nimmt mit dem Prozessieren. Die ganz frische Mutter des Neugeborenen hat alle Hände mit dem Kind zu tun, macht sich Sorgen wegen ihrem Partner, versucht sich klar zu machen, dass sie auch noch ranmuss und Übersetzungsaufträge von ihren Verlagen zu bekommen, was sie nicht gerade in Zuversicht versetzt. Als ob es gar kein Ausweg wäre und Absagen drohten, die Belastung vermieden sein will. Sie versucht es auch nicht wirklich. Auch nachdem der Rechtsanwalt eine Rückkehr zum Arbeitsplatz erreicht hat, ändert sich nicht viel in der Psyche des Betroffenen und damit auch im Familienleben: Joachim geht zwar wieder ordentlich arbeiten, muss aber (von der Autorin krass pointiert) in einem Container im hintersten Eck des Hofes, ohne Toilette in der Nähe, arbeiten und "zur Strafe" französische Texte übersetzen, was er eher wenig kann, es dafür aber nun "üben" darf. Die Ergebnisse fliegen mit großer Wahrscheinlichkeit in den Papierkorb der Chefin.
Die existenzielle Sicherung des Daseins ist und bleibt gefährdet. Joachim wird zum verbitterten, frustrierten und monomanisch Kämpfenden, er verliert die Lebensqualität in der Familie aus den Augen. Der Roman reagiert auf alles wie ein Oszillograph, die leisesten Erschütterungen werden dokumentiert. Das bürgerliche Leben, das oder die Egos beschädigt. Eine Bewerbung auf eine andere Stelle hätte Wunder bewirkt, so aber Verletzungen, Erniedrigungen, Rechthaberei, die alles verschlimmern, den Blick vernebeln und die Lebensqualität reduzieren. Eine neue Stelle hätte auch Umzug bedeutet, gerade wenn man so festgelegt oder spezialisert ist wie Joachim. So sind auch Trennung und Zerfall der Familie möglich. Mobbing - die permanente Bedrohung einer Familie durch Willkür am Arbeitsplatz.


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